(Achtung: Enthält Spoiler!)
Die Freunde Andrew, Ben und Emma arbeiten beim Forschungszentrum für Nanotechnologie in der Nähe von Köln. Das Projekt wird von der Regierung unterstützt, der Kanzler kommt persönlich, um sich die Herstellung der ersten Nanoroboter anzusehen und für das Projekt zu werben. Ein Bombenanschlag mittels Drohne beschädigt den Behälter mit den Nanos und diese entkommen. Sie breiten sich aus, und für die Wissenschaftler und Feuerwehr beginnt ein Wettlauf gegen der Zeit.
Während Andrew, der Nanomaschinen-Schöpfer, alles versucht, um eine Katastrophe zu verhindern, wird Ben als wissenschaftlicher Berater dem Kanzler zur Seite gestellt und geht nach Berlin. Emma dagegen steht wegen einer Äußerung in ihrem Forschungsbericht vor den Trümmern ihrer Karriere.
Was soll ich sagen? Dieses Buch hat mich fertiggemacht. Ich habe beim Hören mehrere Blogbeiträge geschrieben, weil ich unbedingt meine Gedanken zur Handlung loswerden musste. Es hat sich also so etwas wie ein Live-Lese-Thread ergeben.
1.
In dem Buch geht es, wie der Titel schon sagt, um das Schreckgespenst der Zukunft: Die Nanomaschinen. Das ist ein Thema, an dem sich immer wieder SF-Autoren versuchen. Die Szenarien enden meist in einer Katastrophe. Auch Peterson schreibt hier über eine solche Situation, nämlich über den Ausbruch der Nanomaschinen aus einem Forschungslabor und den (bisher) erfolglosen Versuch der Eindämmung. Petersons Bücher haben nicht immer ein Happyend, deshalb weiß ich noch nicht, worauf ich mich einstellen soll.
Gruselig ist es schonmal, ich musste jetzt erst einmal eine Pause einlegen, ein paar Blümchen betrachten und Schokolade essen, um wieder „runterzukommen“. Erste Erkenntnisse: Beim Ausbruch dieser Maschinen hilft eine Axt nur zeitweise. Weglaufen nützt auch nichts.
Bisher habe ich jedes Buch von Peterson gelesen, kann also die Fäden erkennen, an denen er sich durch die Geschichte hangelt. Ich habe bereits die Punkte identifiziert, die er später erneut ansprechen wird und die sich dann als Lösung herausstellen werden. Das passiert, wenn man den Autor seit seiner Erstveröffentlichung begleitet. Ob das gut oder schlecht ist, muss jeder selbst entscheiden.
Nano ist ein Buch von stattlichem Umfang, es hat 700 Seiten, ist also wesentlich seitenreicher als die Vorgänger. Allerdings habe ich nach ca. 25 % immer noch das Gefühl, ganz am Anfang zu sein. Es gibt viel Gelabere, Politik etc., die meiner Meinung nach nur Seiten generieren, ohne die Handlung recht voranzutreiben.
Und es gibt ein Kind. Ich mag keine Kinder in Büchern, die nerven.
2.
Ich höre immer noch Nano von Phillip P. Peterson, die ersten Eindrücke sind oben nachzulesen. Inzwischen bin ich bei ca. 40 % angelangt. Und das Buch regt mich so auf!
Erstmal ist da natürlich das Thema. Nanoroboter sind gefährlich, sie sind buchstäblich eine Gefahr für den gesamten Planeten. Dies wird u. a. im Buch von Andreas Eschbach, Herr aller Dinge, deutlich. Peterson lässt seine Nanomaschinen sich frei replizieren, weil – haltet euch fest! – Feuerwehr, Polizei, Politik und THW im Zuständigkeitsgerangel bzw. im Wahlkampf stecken. Nanos kann man nicht überreden, mal eben mit der Vermehrung zu warten, bis entschieden ist, ob nun das TWH oder die Feuerwehr, und wenn ja, welche Wache genau, für die Eindämmung zuständig ist. Dieses Szenario ist buchstäblich zu Haareraufen!
Ich habe viele von Petersons Büchern mehrmals durch, aber bei Nano werden meine Nerven einen zweiten Durchgang wohl nicht mitmachen. Die schaffen ja den ersten schon kaum.
Eine nette Pointe muss ich aber noch erwähnen, meinen Respekt, Herr Peterson: Die Nanotechnologie soll die Menschheit in ein goldenes Zeitalter führen, niemand muss hungern, niemand muss arbeiten – und die Nanopfützen der zahlreichen neuen Ausbruchsherde sind golden. Das ist genial.
3.
Ich träume schon (schlecht) von diesem Buch. Die Handlung verfolgte mich heute bis ins Bett, was übel ist. Aber da ein Buch genau das tun sollte, ist das wiederum gut. Inzwischen habe ich die Mitte überschritten, und die Fragen häufen sich. Vielleicht erklärt Peterson die noch, aber, ehrlich gesagt, fange ich an zu zweifeln. Wenn er sich nur auf das Schreckensszenario konzentriert und dafür die Logik außer Acht gelassen hat, dann gibt das Punkteabzug.
Meine bisher nicht beantwortete Fragen:
a). In jedem Krimi sucht man nach der Lösung, indem man ermittelt. Was, woher, wie und warum. In „Nano“ werden nur die Folgen bekämpft, ohne die Erklärung zu suchen. Z. B.: Die Nanoroboter tauchen an den verschiedenen Orten auf, die manchmal kilometerweit voneinander entfernt sind. Wie sind sie dorthin gekommen? Warum wird in diese Richtung nicht ermittelt? Wenn man weiß, wie etwas passiert ist, kann man das künftig ja vielleicht unterbinden.
b). Die Nanos fressen sich in die Tiefe, aber warum ist die Frage des Grundwassers noch nicht einmal erwähnt worden?
c). In Köln und Umgebung gibt es Wildtiere und streunende Katzen, nehme ich an. Wieso wird eine Übertragung durch diese nicht in Betracht gezogen?
Was immer noch nervt: die Politik. Ich mag ja Fantasybücher, in denen es Palastintrigen gibt, aber politische Verwicklungen in Deutschland der Gegenwart gehören nicht zu den von mir bevorzugten Themen, vor allem deshalb nicht, weil im Buch sämtliche Politiker nur an den Wahlkampf und nicht an den Weltuntergang denken. Man möchte sie alle erwürgen.
4.
Eine Stunde vor Ende des Hörbuchs Nano sind die beiden Schlauköpfe Andrew und Ben endlich auf die rettende Idee gekommen. Ich habe laut gejubelt.
Die rettende Idee ist genau einer dieser Fäden, die ich am Anfang erwähnt habe. Er hing die ganze Zeit schon vor den Wissenschaftlernasen herum, nur bemerkte ihn keiner. Ich hatte schon gedacht, Peterson wolle mich veräppeln, indem er die Idee nicht wieder aufgreift und sie einfach bis zum Ende lose vor sich hin baumeln lässt. Das hätte mich wirklich SEHR sauer gemacht. Ich kenne seine Vorliebe für Untergangsszenarien und dachte, er habe einfach nur aus Spaß Hinweise verteilt und lasse die Erde nun doch untergehen.
Für alle, die es bis hierher geschafft haben, eine kleine Zusammenfassung:
Das Buch ist mehr als nur eine Story über entkommene Fressmaschinen. Es ist ein Guide zur Politik und Gesetzen. Peterson zeigt auf, dass es auch in der großen Politik um nichts anderes als Fressen und Gefressenwerden geht. Und der Roman beschreibt Zustände, die allen, die glauben, dass die Zivilisation nur eine dünne Farbschicht ist, Recht geben. Die Flucht von Emma und ihrer kleinen Tochter durch ein Deutschland kurz vor dem Weltuntergang ist beklemmend.
Seinem Schreibstil und der Figurenzeichnungen bleibt Peterson treu, hier darf man keinen Geniestreich erwarten. Das geht aber in der verstörenden und nervenaufreibenden Handlung unter.
Ich hätte diesen Roman gerne in einer Leserunde gelesen, es gibt Diskussionsmaterial satt. Er bekommt von mir die volle Punktzahl. Punktabzug gibt es nicht, auch wenn ich es vorhatte. Die Geschichte hat mich einfach so überrollt, dass die unbeantworteten Fragen unwichtig erscheinen.
Fazit: Nur für sehr starke Nerven.
Dieser Text erschien zuerst in Teilen in meinem Telegram-Blog Eulenalltag